Rede von Martina Pellny im Kreisentwicklungsausschuss am 25.5.2022
Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
liebe Verwaltung, liebe Kolleg*Innen,
Dieser Antrag von Bündnis 90/ Die Grünen bezieht sich auf die Prüfung und Beantragung einer geförderten Personalstelle für mehr Nachhaltigkeit. Sie würde ideal die Bemühungen des Landkreises im Rahmen der Lokalen Agenda 21-Prozesse unterstützen und ergänzen.
Diese Personalstelle wird zu 90% für 24 Monate aus Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gefördert. Dies ist eine Riesenchance und geht zurück auf einen Bundestagsbeschluss der Großen Koalition von CDU und SPD aus dem Jahre 2015!
Wir verstehen nicht, warum ein solcher Antrag nicht schon früher gestellt wurde – und wir fragen uns: wird er heute nur abgelehnt, weil die Grünen die Antragsteller sind?
In der Verwaltungsvorlage findet man die Information dass diese Stelle nicht verlängerbar ist: nach unseren Information ist das nicht korrekt, das findet man auf der zuständigen Webseite: Es besteht die Möglichkeit einen Folgeantrag zu stellen. Dann verlängert sich die Förderung um weitere zwei Jahre, die Förderquote sinkt allerdings auf 75%. Aber das ist immer noch eine lohnende Förderung – und man hätte für 4 Jahre Fachpersonal für Nachhaltigkeit – damit könnte man viel machen…
Haben wir die Zeichen der Zeit nicht erkannt? Denn hier geht es nicht alleine um die Beschaffung für öko-fairen Kaffee für die Kreistagssitzungen. Das ist glaube ich inzwischen selbstverständlich. Die Dimension ist viel größer – ich möchte darauf kurz eingehen:
Es betrifft zum einen den Bereich ökofaire Beschaffung in der Verwaltung. Also der Einkauf von Produkten und Dienstleistungen, die unter menschenwürdigen, ökologischen, und sozialverträglichen Arbeitsbedingungen hergestellt wurden.
Schauen wir allein auf das Budget für Bürobedarf, so kann es nach Auskunft der Verwaltung für den Haushalt 2022 für alle Kreishäuser auf rund 900000 Euro geschätzt werden. Da scheinen Ausgaben für EDV und Elektronik noch nicht eingerechnet zu sein. Dh. es wird wahrscheinlich weitaus mehr sein. Gerade aber Elektronik braucht ökosoziale Kriterien für die Beschaffung. Auch für Textilien wäre das schön, die sind auch nicht eingerechnet. Hinzu kommen Bürokosten für sämtliche Schulen des Landkreises in Höhe von rund 288000 Euro. Darüber hinaus wird auch Papier zentral beschafft in Höhe von rund 300000 Euro. Für die Bewirtung im Kreishaus besteht ein Budget von ca 75000 Euro.
Das alleine sind rund 1,5 Mio Euro – ein Budget, für das eine Personalstelle für öko-faire Beschaffung gut beschäftigt wäre die Fachabteilungen des Kreises zu beraten und zu unterstützen. Hinzu kommt sicherlich noch andere Ausstattung der Schulen im Kreis mit Textilien, Bällen, Tablets. D.h es sind weit mehr als 1,5 Mio Euro.
Für öko-faire Beschaffung braucht es eine zentrale Ansprechperson, die das Ganze strukturell recherchiert und aufstellt und für alle Mitarbeiter Anlaufstelle ist. Und dann die besten und billigsten Anbieter heraussucht. Nur so kann der Landkreis mit gutem Beispiel vorangehen.
Es gibt inzwischen, neben vielen Städten in Deutschland (Lingen, Nordhorn), schon zahlreiche Landkreise, die die Förderung mit einer Personalstelle aktuell durchführen und öko-fair einkaufen, zum Beispiel der Landkreis Enzkreis, Donau-Rie, Passau, Traunstein, Kreis Düren, Kreis Lippe.
Darüber hinaus gibt es noch viele andere Aufgabenfelder wie in meiner Vorlage aufgeführt. Ich möchte hier zum Beispiel noch den Bereich Öffentlichkeitsarbeit erwähnen. Das bezieht sich zum Beispiel auf Dialoge mit dem Einzelhandel, der Gastronomie oder dem Handwerk, damit die Unternehmen darüber nachdenken, Mitarbeiter*Innen mit Berufskleidung aus Fairtrade-Baumwolle auszustatten.
Oder: Unterstützung der Gastronomie zur Etablierung eines Mehrwegsystems im Bereich toGo-Getränke und Speisen (RECUP). Das muss ja ohnehin bald im Rahmen der neuen Verpackungsnovelle umgesetzt werden, und wo Unternehmen sicher dankbar für kompetente Ansprechpartner wären. Bei der Verpackungsnovelle geht es um CO2-Reduktion durch Müllvermeidung.
Oder: Unterstützung der Krankenhäuser zu nachhaltiger Beschaffung (Green Hospital).
Oder: Nachhaltigkeit in öffentlichen Kantinen und in der Verpflegung, Oder: Nachhaltiges Bauen und Renovieren im Bestand, Großveranstaltungen nachhaltig organisieren etc etc.
Das Aufgabenfeld läßt sich entsprechend erweitern, alle Sektoren sind betroffen.
Die Dimension ist wirklich größer, als man auf den ersten Blick vermutet.
Einen letzten Bereich möchte ich noch ansprechen: Die Vernetzung der bestehenden Fair-Trade Initiativen im Emsland (in Papenburg, Meppen, Lingen, Sögel, Lathen) und die Anregung zu weiteren lokalen Initiativen in weiteren Kommunen. Dazu könnte dann auch gehören, dass eine solche Personalstelle die Zertifizierung des Landkreises Emsland zum Fair-Trade Landkreis vorbereitet und unterstützt. Das ist ein Ziel, das wir nur mit entsprechendem Personal erreichen können. Und das wird sicher auf uns zukommen.
Sehr geehrte Kollegen, liebe Verwaltung, lieber Herr Landrat. Die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung und des Landes Niedersachsen muss auf kommunaler Ebene umgesetzt werden. Dafür hat der Bund unter anderem die Förderung einer Personalstelle wie wir sie beantragt haben ins Leben gerufen. Lassen sie uns dieses Angebot, das uns fast nichts kostet annehmen! Wir haben nichts zu verlieren und viel zu gewinnen.
Ich bitte sie, die Verwaltungsvorlage mit der Ablehnung unseres Antrages noch einmal zu überdenken. Lassen sie uns zukunftgewandt für unseren Landkreis denken und handeln.
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