Grüne ziehen durchwachsene Zwischenbilanz nach Werkvertragsverbot in der Fleischindustrie
„Etwas Licht, aber auch noch viel Schatten“, so kommentiert der Vorstand des Kreisverbandes der emsländischen Grünen die Zwischenbilanz etwa zwei Monate nach Verbot von Werkverträgen in der Schlachtindustrie. Bei einer Videokonferenz der Grünen-Kreisverbände aus dem westlichen Weser-Ems mit Vertreter*innen der Beratungsstellen für mobile Beschäftigte und der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) ging es vor allem um die nach wie vor angespannte Wohnsituation und die ersten Erfahrungen mit dem Übergang in reguläre Beschäftigungsverhältnisse.
„Die Wohnungen für die Arbeiter*innen zur vernünftigen und bezahlbaren Unterbringung sind schlicht nicht da. Der Wohnungsmarkt ist in den Regionen in diesem Segment mindestens so angespannt wie in manchen Großstädten,“ berichtete Matthias Brümmer, Geschäftsführer der NGG im Raum Oldenburg/ Ostfriesland. Für den Bau dieser Wohnungen ist seiner Ansicht nach eine Landeswohnungsbaugesellschaft erforderlich. Eine weitere Möglichkeit, den notwendigen Wohnraum zu schaffen sieht Brümmer im Bau von Werkswohnungen durch die Fleischunternehmen. „Das muss dann aber gesetzlich so geregelt sein, dass der Verlust des Arbeitsplatzes nicht auch den Verlust der Wohnung bedeutet. Ansonsten würden die Arbeiter*innen damit in noch größere Abhängigkeiten kommen“, betont Brümmer.
Nach Einschätzung von Daniela Reim und Nadezhda Manova von der Oldenburger Beratungsstelle für mobile Beschäftigte hat sich die Entlohnung der überwiegend aus Bulgarien und Rumänien stammenden Arbeiter*innen in der Fleischindustrie kaum geändert. „Es wurde vorher nur der gesetzliche Mindestlohn gezahlt und nach unseren Beobachtungen ist dies auch heute überwiegend so“, berichtete Daniela Reim. Außerdem sei zu beobachten, dass jetzt oft frühere Inhaber der Subunternehmen Vorgesetzte seien, nun jedoch als Angestellte der Schlachtbetriebe. Einige der zuvor angewandten Methoden, denen Arbeiter*innen ausgesetzt worden seien, seien jedoch bisher nicht mehr erkennbar. „Es gibt offenbar Bemühungen in der Branche, aus den Schlagzeilen herauszukommen“, meint Nadezhda Manova.
Für den Grünen-Landesvorsitzenden Hans-Joachim Janßen steht fest, dass die Abschaffung der Werkverträge in der Schlachtindustrie nur ein erster Schritt sein kann. „Weitgehend unter dem Radar der Öffentlichkeit sind Werkverträge längst in vielen anderen Branchen verbreitet. Überall wo Arbeitsaufträge nicht weitestgehend selbständig ausgeführt werden, gehören Werkverträge abgeschafft“, so Janßen. Es müsse dringend mehr für die Integration der Arbeiter in der Schlachtindustrie aus osteuropäischen EU-Ländern getan werden. „Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum, wir brauchen Sprachkurse und wir müssen die Menschen gut beraten, damit sie endlich aus den Abhängigkeiten herauskommen. Dann werden sie zukünftig auch nicht mehr aus Angst, ihren Job zu verlieren, alles schlucken,“ ist Janßen überzeugt.
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