Antrag zur Entwicklung eines Notfallplanes für das besondere Szenario einer unbeabsichtigten Freisetzung von UF6 in dicht besiedeltem Gebiet

Antrag zum Download: Antrag notfallplanUF6.pdf

Von Martina Pellny, Kreistag, 16.12.24

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, Herr Landrat, liebe Verwaltung und Kolleg*Innen,

Wir haben den Antrag gestellt einen Notfallplan für die unbeabsichtigte Freisetzung von UF6 in dicht besiedeltem Gebiet zu erstellen.

Hintergrund ist, dass wir sicherstellen möchten, dass möglichst viele Menschenleben im Falle eines worst-case Szenarios gerettet werden können.

Warum müssen wir uns im Emsland überhaupt mit diesem Thema beschäftigen? UF6 oder Uranhexaflorid wird benötigt für die Herstellung von Brennstäben in Atomkraftwerken. ANF in Lingen stellt solche Brennstäbe her.

Allein im Jahr 2023 gab es 40 LKW-Transporte mit UF6 von und zu ANF in Lingen.

Sollte die Genehmigung zur Herstellung von hexagonalen Brennstäben russischer Bauart erteilt werden – Sie wissen, es gab dazu einen Antrag der ANF und hierzu gab es auch eine Öffentlichkeitsbeteiligung und vor 4 Wochen eine Anhörung in Lingen durch das NMU – dann wird sich die Anzahl dieser Transporte mit UF6 von und zu ANF weiter erhöhen.

Es fahren also regelmäßig Transporter mit UF6 über emsländische Straßen.

Was ist, wenn da einmal ein Unfall passiert? Hierzu hat eine Studie aus Frankreich vom Institut de Protection et de Sûreté Nucléaire ein mögliches worst-case-Szenario errechnet:

Durch einen Unfall des Transporters entsteht ein Feuer und kurz darauf eine Explosion. Der Castor-ähnliche Schutz des Transportbehältnisses wird großflächig an der Öffnung beschädigt. Das bei Raumtemperatur feste UF6 sublimiert und wird zu einem farblosen Gas, das entweicht. Es reagiert mit dem Wasser in der Luft und wird zu Flusssäure (HF) die hochätzend ist.

Es entsteht eine große, unsichtbare Giftwolke. Diese Giftwolke greift jetzt überall da an, wo der Mensch verwundbar ist: durch Mund und Nase zerstört es die Lunge, veräzt die Atemwege, es greift die Haut an und kann zu großen offenen Wunden führen, es greift die Augen an und kann zur Blindheit führen.

Uranoxide, die dabei auch entstehen und leicht radioaktiv sind, sind schwer löslich und können Böden und Wasser kontaminieren. Trinkt man das Wasser kann es zu lebensgefährlichen Nierenschäden kommen.

Im direkten Freisetzungsbereich, also zwischen 0–1 km sind wahrscheinlich 100–500 Personen sofort oder innerhalb von Stunden tot. In der Zone 1–3 km könnten 1.000–5.000 Personen durch Flusssäure-Gas schwere Atemwegsprobleme oder Hautverletzungen entwickeln. Wenn sie nicht schnellstens gesundheitlich versorgt werden, schweben auch sie in Lebensgefahr. Und zusätzlich könnten 5.000–15.000 Personen Symptome wie Husten, Augenreizungen oder leichten Schwermetallstress zeigen.

Insgesamt können also zwischen 6.000 und 20.000 Menschen betroffen sein. Wir sehen nicht, dass die emsländischen Krankenhäuser im Moment darauf vorbereitet und in der Lage sind, eine solche große Menge an Menschen in kurzer Zeit zu dekontaminieren und die Wunden zu versorgen.

Und es geht uns auch um den Selbstschutz der Bevölkerung: wenn diese wissen, bei Alarm UF6 – sie müssen sofort nach Hause oder im Haus, in der Schule, in der Firma etc. bleiben, Türen und Fenster schließen, alles abdichten, dann wäre mir wirklich wohler. Wir müssen einfach viel präventiver eine solch mögliche Katastrophe angehen und die Bevölkerung ermächtigen, sich selbst zu schützen. Mein Eindruck bisher: kaum jemand im Emsland hat je von UF6 gehört.

UF6 ist kein normales Gefahrengut. Es ist hochtoxisch und wirkt innerhalb von Minuten. Daher greifen nach unserer Sicht auch die allgemeinen Notfallpläne nicht. Wir fordern daher, zum Schutz der Bevölkerung, sowie aller Feuerwehren, Rettungsdienste und Krankenhausmitarbeitenden einen gesonderten Notfallplan, der alle Elemente, die wir im Antrag aufgeführt haben, gleichermaßen umfasst.

Wir lehnen den Beschlussvorschlag der Verwaltung ab.

Antrag zum Download: Antrag notfallplanUF6.pdf

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