Der Kreistag des Emslandes hat in seiner Sitzung am 27.01.25 das Regionale Raumordnungsprogramm (RROP) – Sachliches Teilprogramms Windenergie beschlossen.
Die Details können unter den nachfolgenden Links aufgerufen werden:
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Hintergrund:
Der Landkreis Emsland hat als Träger der Regionalplanung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 des Niedersächsischen Raumordnungsgesetzes (NROG) ein Regionales Raumordnungsprogramm (RROP) aufzustellen. Die Festlegung von Flächen für die Windenergie an Land können die Träger der Regionalplanung in einem sachlichen Teilprogramm Windenergie zum RROP treffen. Mit der Erstellung eines solchen sachlichen Teilprogramms Windenergie kommt der Landkreis Emsland seiner aus dem Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) des Bundes vom 20.07.2022 und dem darauf aufbauenden „Niedersächsischen Gesetz zur Umsetzung des Windenergieflächenbedarfsgesetzes und über Berichtspflichten (NWindG)“ vom 17.04.2024 zugeordneten Aufgabe nach, verbindliche Flächen für die Windenergienutzung an Land bereitzustellen. Demnach betragen die vom Land verbindlich vorgegebenen regionalen Teilflächenziele für den Landkreis Emsland 6.846 ha bis zum 31.12.2027 (2,38 % der Kreisfläche) und 8.860 ha (3,07 % der Kreisfläche) bis zum 31.12.2032.
Zum Verständnis sei an dieser Stelle erwähnt, dass sowohl der Bund als auch das Land Niedersachsen bei der Festlegung der o.g. Flächenquoten die sogenannte „Rotor-out-Berechnung“ gem. § 4 WindBG zugrunde gelegt haben. Demnach müssen nur die Masten der Windenergieanlagen innerhalb der Gebietskulisse liegen, die Rotoren der Anlagen können unbegrenzt aus der Flächenkulisse herausragen.
Die Relevanz der Einhaltung der genannten Flächenziele und Fristen wird durch eine im Zuge des WindBG erfolgte Anpassung im Baugesetzbuch (BauGB) ersichtlich. So entfällt bei Erreichen der Flächenziele gemäß § 249 Abs. 2 BauGB die bisherige Privilegierung von Windenergieanlagen im Außenbereich. Damit dürften bei Einhaltung der Flächenziele gemäß WindBG Windenergieanlagen als sonstige Vorhaben im Außenbereich faktisch kaum mehr genehmigungsfähig sein. Im Umkehrschluss tritt jedoch beim Verfehlen der Flächenziele die sogenannte „Privilegierung Plus“ gemäß § 249 Abs. 7 BauGB ein, die dazu führt, dass Windenergieanlagen im gesamten Außenbereich privilegiert wären und eine planerische Steuerung über die Landes-, Regional- oder Bauleitplanung nicht mehr möglich wäre.
Somit stellt erzwungenermaßen das Erreichen des Teilflächenziels das übergeordnete Planungsziel des Landkreises Emsland dar. Gleichzeitig werden im sachlichen Teilprogramm Windenergie unter Berücksichtigung des Teilflächenziels die konfliktärmsten Flächen ausgewiesen.
Als Grundlage für die Flächenausweisung hat sich der Landkreis Emsland für das sogenannte „Rotor-in“-Prinzip gem. § 4 Abs. 3 WindBG entschieden, bei dem alle beweglichen Teile einer Windenergieanlage innerhalb der ausgewiesenen Vorranggebiete für Windenergienutzung liegen müssen.
Die Anwendung dieses Prinzips stellt sicher, dass auch bei einem zu erwartenden zukünftigen Größenwachstum der Windenergieanlagen, und damit der Rotordurchmesser, die Rotorspitzen immer innerhalb der Vorranggebiete liegen und die der Flächenausweisung zugrundeliegenden Abstandskriterien, zum Beispiel zur Wohnbebauung, eingehalten werden. Die Anwendung des „Rotor-in“-Prinzips führt jedoch dazu, dass die Größe der insgesamt kreisweit auszuweisenden „Brutto“-Windvorrangflächen zunächst den zu erreichenden Wert des Teilflächenziels deutlich übersteigt. Dies ist dadurch bedingt, dass „Rotor-in“-Flächen nur anteilig auf die Flächenbeitragswerte anzurechnen sind. Dabei wird gemäß § 4 Abs. 3 WindBG die anzurechnende Fläche ermittelt, indem von allen nach „Rotor-in“-Prinzip festgelegten Vorrangflächen pauschal ein Abstand von 75 Metern vom Flächenrand abgezogen wird.
Außerdem strebt der Landkreis Emsland bei der Erarbeitung des zu beschließenden sachlichen Teilprogramms Windenergie das frühzeitige Erreichen des „2032er-Flächenwertes“ von 8.860 ha (3,07 % der Kreisfläche) an, um kein zweites Verfahren zur Ausweisung weiterer Windvorrangflächen innerhalb weniger Jahre durchführen zu müssen.
Bisheriger Verfahrensablauf:
1. Beschluss und Bekanntmachung zur Neuaufstellung des RROP Landkreis Emsland:
Mit Kreistagsbeschluss vom 20. Dezember 2021 hat der Landkreis Emsland beschlossen, sein Regionales Raumordnungsprogramm (RROP) neu aufzustellen (siehe Sitzungsvorlage 305/2021). Mit Bekanntmachung im Amtsblatt Nr. 3/2022 des Landkreises Emsland wurden am 14.01.2022 gemäß § 9 Abs. 1 des Raumordnungsgesetzes (ROG) in Verbindung mit § 3 Abs. 1 des Niedersächsischen Raumordnungsgesetzes (NROG) in der bis zum 19.04.2024 gültigen Fassung die Öffentlichkeit sowie die in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen über die allgemeinen Planungsabsichten für die Neuaufstellung des RROP unterrichtet. Bekannt gegeben wurde, dass der Bereich „Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel und Umsetzung der Energiewende“ einen inhaltlichen Schwerpunkt im Rahmen der Neuaufstellung des RROP bildet.
Mit Bekanntmachung der allgemeinen Planungsabsichten wurden die in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen und die Öffentlichkeit aufgefordert, bis zum 28. Februar 2022 Hinweise und Anregungen sowie Informationen über beabsichtigte oder bereits eingeleitete Planungen und sonstige Maßnahmen sowie deren zeitliche Abwicklung zu geben, soweit diese für die Erarbeitung des Entwurfs des RROP relevant sein können. Gleiches galt für weitere den öffentlichen Stellen und der Öffentlichkeit vorliegende Informationen, die für die Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials zweckdienlich hätten sein können. Die beim Landkreis Emsland im Rahmen der Bekanntgabe der allgemeinen Planungsabsichten zur Neuaufstellung des RROP eingegangenen Stellungnahmen zu konkreten Windenergieflächen sind in das zu beschließende sachliche Teilprogramm Windenergie eingeflossen.
2. Erarbeitung einer ersten regionalen Flächenkulisse für Windvorranggebiete („Rohkulisse“) In Zusammenarbeit und mit Unterstützung der Planungsgruppe Umwelt GbR (Hannover) hat der Landkreis Emsland auf Grundlage einer gesamträumlichen (kreisweiten) Potentialflächenanalyse im Frühjahr 2024 eine erste regionale Flächenkulisse erarbeitet. Für die Erarbeitung dieser regionalen Flächenkulisse wurden die beiden folgenden wesentlichen Abstandskriterien festgelegt:
• 1.000 m Abstand zu Wohngebieten und überwiegend dem Wohnen dienenden Gebieten (im Zusammenhang bebaut)
• 700 m Abstand zu Wohnnutzungen im Außenbereich
Hinzu kamen verschiedene Abstandsflächen zu Einrichtungen der Verkehrsinfrastruktur, Freileitungen und Gewässern sowie der gesetzlich bestimmte Ausschluss von Flächen anderer Nutzungen und Funktionen (u.a. Siedlungsflächen, Naturschutzgebiete, Vorranggebiete für Wald gemäß Landesraumordnungsprogramm, militärische Sperrgebiete).
Unter Heranziehen dieser Kriterien, die dem Ausschuss für Kreisentwicklung am 15.04.2024 vorgestellt (siehe Sitzungsvorlage 59/2024) sowie anschließend der allgemeinen Öffentlichkeit auf den Internetseiten des Landkreises Emsland zugänglich gemacht worden sind, konnte eine kreisweite Potentialfläche von gut 22.000 ha definiert werden. Diese erste „Rohkulisse“ ist in einem weiteren Arbeitsschritt unter Zugrundelegung relevanter Abwägungskriterien, wie dem Abstand zu Naturschutzflächen, Belangen des Artenschutzes und des Landschaftsschutzes (Vermeidung großflächiger Kumulationen in einzelnen Teilbereichen des Landkreises bei gleichzeitiger Vermeidung von „Verspargelungseffekten“), Belangen des Siedlungsschutzes, Leitungsbauvorhaben und unter der Berücksichtigung von bereits bestehenden Windenergieanlagen, mit den Städten und Gemeinden im Landkreis Emsland abgestimmt worden.
3. Einleitung des offiziellen Beteiligungsverfahrens für das sachliche Teilprogramm Windenergie
Als Ergebnis der Grobprüfung und nach Abwägung der relevanten Kriterien hat der Landkreis Emsland mit Kreistagsbeschluss vom 17.06.2024 (siehe Sitzungsvorlage 103/2024) beschlossen, mit Vorranggebieten für die Windenergienutzung in einer Gesamtgröße von ca. 12.900 ha (nach „Rotor-in“-Prinzip) das formale Beteiligungsverfahren zur Erstellung des sachlichen Teilprogramms Windenergie einzuleiten. Gemäß § 4 WindBG stellte dies eine anrechenbare Fläche von ca. 9.400 ha nach „Rotor-out“-Prinzip dar.
Redebeitrag von Klemens Grolle vom 27.01.25 im Kreistag
<Anrede>
Die aktuellen Reaktionen auf die vorgestellten Planungen zeigen, dass die Ausweisung von 3,07 % der Kreisfläche keine leichte Aufgabe war, da unterschiedlichste Anforderungen und Interessen berücksichtigt werden mussten.
- Wir als Grüne begrüßen, dass der Landkreis Emsland alle Flächen in einem Verfahren ausweisen will.
Auch das Prinzip „Rotor in“ finden wir sinnvoll. - Ein wesentlicher Aspekt bei der Realisierung der vorgesehenen Windkraftanlagen wird die allgemeine Akzeptanz und damit verbunden auch die Bürgerbeteiligung sein.
Die vorgesehenen Abstände 1.000 m Abstand zu Wohngebieten / 700 m Abstand zu Wohnen im Außenbereich sind im Hinblick auf die Inanspruchnahme von Waldflächen sehr schmerzlich,
aber für die allgemeine Akzeptanz der Windkraftanlagen ein wesentlicher Aspekt.
Im Hinblick auf Akzeptanz durch Betroffenen ist an dieser Stelle auch darauf hinzuweisen, dass die Anlagenbetreiber per Gesetz 0,2 Cent pro Kilowattstunde an die betroffenen Kommunen zu zahlen haben. Hinzukommen weitere Entschädigungen oder Beteiligungsmöglichkeiten für Betroffenen in einem Umkreis von 2500m. - Wir begrüßen, dass im Vorfeld einige aus Naturschutzsicht besonders wertvolle Flächen aus den Potentialflächen rausgenommen wurden.
- Wir möchten auch heute noch einmal auf einen besonderen Punkt hinweisen, dem im Zuge des fortschreitenden Klimawandels und der damit verbundenen steigenden Trockenheit in den Wäldern immer mehr Bedeutung zukommt.
Der Brandschutz ist für den Betrieb und die Akzeptanz von Windkraftanlagen eine weitere elementare Randbedingung.
Dazu gehört, dass für jede einzelne Windkraftanlage im Zuge des Genehmigungsverfahrens entsprechende spezifische Brandschutzmaßnahmen mitgeplant werden. Das betrifft u.a.- die hinreichende Zuwegung für Löschfahrzeuge
- die hinreichende Versorgung mit bzw.
Bevorratung von Löschwasser vor Ort
- Die Realisierung von Brandschutzmaßnahmen in und an den Anlagen, wie z.B. automatische CO²- Löschanlagen in den Gondeln
- Und dazu gehört auch die kontinuierliche Überwachung und
ggf. die Neubewertung und Optimierung der Maßnahmen bei fortschreitendem Klimawandel.
- Und der regelmäßige Test ist ein weiterer elementarer Bestandteil solcher Maßnahmen; insbesondere im Bereich von Moorflächen.
- Ich verweise hier auf
- Brand einer Windkraftanlage in der Grafschaft Bad Bentheim
- aber auch auf die katastrophalen Auswirkungen des Moorbrandes im Bereich der WTD 91
Wegen des fortschreitenden Klimawandels und der damit verbundenen notwenigen Dekarbonisierung der Energieversorgung führt an den Erneuerbaren Energien kein Weg vorbei.
Wenn wir, so wie es aussieht, gleich das Teilprogramm Windenergie für den Landkreis Emsland beschließen, gilt es nach vorne zu blicken.
Trotz vieler Bedenken sollten wir die damit verbundenen Chancen sehen:
Das betrifft auf der einen Seite die Sicherheit und die Kosten unserer Energieversorgung, aber auch die wirtschaftlichen Potentiale und Chancen, die damit verbunden sind, um die Windenergieanlagen und die zugehörige Infrastruktur aufzubauen und zu betreiben.
Insbesondere wenn wir es schaffen einen großen Teil der Wertschöpfung hier in der Region zu generieren.
An dieser Stelle auch unserer Dank an die Verwaltung und alle Beteiligten für die geleistete Arbeit.
Im Hinblick auf die für das Emsland gegebenen Randbedingungen stimmen wir als Grünen Fraktion dem Beschlussvorschlag der Verwaltung zu.
Lassen sie mich zum Schluss noch dafür werben, dass die Kompensationsmaßnahmen durch die Investoren möglichst im Emsland realisiert werden und dass das Ersatzgeld, welches der Landkreis wegen der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes erhalten wird, dafür verwendet wird, Flächen zu erwerben, die für den Naturschutz besonders wertvoll sind.
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